Unverhofft kommt oft!

So heißt es ja bekanntlich und warum soll mir das nicht auch einmal passieren. Eines Morgens gegen Ende Juni stand eine weiße Lada 2107 Limousine, oft auch als Lada Nova bzw. Riva bezeichnet, auf dem Hof meines Schwiegervaters und sollte erst einmal trocknen. Trocknen, fragte ich. Ja trocknen, beim letzten Starkregen in Belgrad sei einer älteren Dame die Garage voll Wasser gelaufen und der Lada stand bis zur Türunterkante im Wasser. Natürlich war auch etwas in den Fahrgastraum gelangt und daher soll er nun trocknen. Ein alter Zastava Skala 55 hatte ihn auf den Hof geschleppt, denn die Kupplung war nun blockiert und nichts ging mehr. Dazu muss man wissen, dass der Lada eine hydraulisch getriebene Kupplung hat und wie sich dann herausstellte, ist Feuchtigkeit in den Hydraulikzylinder eingedrungen und hatte ihn zerstört. Dieser wurde ausgetauscht und die Kiste lief wieder. So ein Lada ist nicht so einfach tot zu kriegen.

Als die Lada-Besitzerin in der Werkstatt vorbei schaute, kam ich mit ihr auf Englisch etwas näher ins Gespräch und ich konnte Sie ein bisschen zum Lada ausfragen. Ursprünglich ist das Auto von ihrer Mutter Anfang 1991 als jugoslawischer Import aus der Sowjetunion über einen Zastava-Händler gekauft worden und sie hatte es von ihrer Mutter nach ihrem Tod vererbt bekommen. Er stand stets trocken in der Garage, mal abgesehen vom kürzlichen Ereignis, und hat in den 28 Jahren original knapp 50.000 km auf dem Tacho angesammelt. Ich konnte mir die Sache auch einmal von unten etwas genauer anschauen und wirklich nirgendwo, mit Ausnahme der Felgen mit leichtem Flugrost, etwas feststellen. Die einzigen offensichtlichen Mängel, die ich sehen konnte, waren ein eingedrückter Seitenblinker vorne links, eine leichte Delle in der Fahrertür, eine weitere mit einer größeren Lackabplatzung am Kotflügel hinten rechts, ein paar Kratzer im Lack und eine sich lösende Dachzierleiste. Also das übliche nach knapp 30 Jahren Straßenverkehr in Serbien. Mal abgesehen von ein bisschen Dreck im Fahrgastinnenraum steht der Wagen da, wie am ersten Tag. Er war stets regelmäßig zur Wartung, denn in Serbien muss die technische Inspektion jährlich erfolgen. Das Ersatzrad hat sogar noch die originale Bereifung des Auslieferungszustands und das Zubehör ist samt serbischer Bedienungsanleitung original erhalten.

Nun sagte sie, dass ihr das Autofahren langsam zu viel wird und sie den Lada schnellstmöglich verkaufen möchte. Ihr würden Bus und Bahn ausreichen und sie würde die Garage gerne demnächst räumen wollen. Ich bekam plötzlich so ein ganz komisches Gefühl, als würde sich da eine Gelegenheit auftun, die so nicht noch einmal kommt. Sie teilte mir ihre Preisvorstellungen mit und ich bekundete mein Interesse. Mein Schwiegervater bestätigte mir den wirklich guten Zustand des Wagens und nach einer gewissen Bedenkzeit und Beratungen mit meiner besseren Hälfte, haben wir dann zugeschlagen. Seit Ende Juli haben nun also die beiden Wartburgs aus der DDR einen Bruder aus der großen Sowjetunion bekommen.